„Frische Lebensmittel sehen nicht nur ansprechender aus, sie schmecken auch deutlich besser.“ „Wer mit wirklich scharfen Messern arbeitet, spart nicht nur eine Menge Zeit, sondern hat auch viel mehr Spaß beim Schneiden.“ Nach dem Lesen dieser Plattheiten gleich im Buchinnendeckel wollte ich das Buch sofort wieder in das Regal stellen. Dann wäre mir allerdings das recht originelle Inhaltsverzeichnis entgangen… 

Entgangen wären mir auch die ordentlich gemachten Küchentipps, entgangen wären mir aber auch die kinderbuchartigen Erklärtexte zur Herstellung von Holzkohle, zur Entstehung der Weberkugel und zum Wesen des Rauchs. Diese bunten Kinderseiten sind ziemlich platt und so ein bisschen für Doofe gemacht. 

Auf Seite 32 findet sich dann in einem extra hervorgehobener Textkasten dieser Satz: „Entscheidend ist, dass man immer einige Tage vor dem Grillen einkauft, so dass man nie mehr als eine Handvoll Zutaten auf einmal besorgen muss.“ Was will uns der Künstler damit sagen? 

Geräte und Grilltechniken werden dem Leser glücklicherweise nicht zum x-ten mal erklärt, denn diese Ausführungen findet man in diversen anderen Weber-Büchern. Aber hier liegt das eigentliche Dilemma: Weber geht es nicht darum, seinen Jüngern etwas Neues mitzuteilen, Weber will mit einer Flut von Büchern lediglich seine Marktdominanz demonstrieren, das ist die eigentliche Botschaft, nicht nur dieses Buches und darunter leiden dann all diese Purvience-Bücher dann auch (mit ausdrücklicher Ausnahme der W-Bibel!). 

Die nicht all zu kreativen Rezepte sind übersichtlich aufgebaut und ordentlich beschrieben, aber das darf man von einem CIA-Absolventen sicher auch erwarten. Wobei: Die Beschreibung des Pulled Pork lässt durchaus ernste Zweifel an der Barbecue-Kompetenz des Autors aufkommen. Die Zusatzerklärungen sind brauchbar, die Fotos allerdings durchschnittlich bis billig. 

Alles in allem ist dieses Buch das Ergebnis einer Fabrikarbeit, zwar mit einigem Aufwand betrieben, damit es optisch etwas hermacht, aber letztlich leidenschaftslos, ohne jedes Herzblut, geschrieben allein um auf dem Markt die Pflöcke einzuschlagen. 

Webers Grillen, Webers Grillen mit Holzkohle, Webers Grillbibel, Webers Classics, Webers Steak, Webers Chicken, Räuchern, Seafood, Veggie, Burger, Hot & Spicy… Bei solch einer Buchschwemme kann auch Jamie Purvience die Welt nicht jedes Mal neu erfinden. Weniger ist bekanntlich oft mehr. 

Dennoch gibt es einen wesentlichen Aspekt, der auch diesem Buch zu einen vielleicht sogar recht hohen Wert verhilft: Es ist die Tatsache, dass in die Zubereitung der Rezepte eine Reihe von Kochelementen einfließen, auf dem Grill werden Töpfe und Pfannen verwendet und es ist hoffen, dass die weit verbreiteten, orthodoxen Schranken zwischen Herd und Grill nun allmählich fallen. Wobei offen bleibt, ob diese Wirkung tatsächlich beabsichtigt und nicht nur der Tatsache zu schulden ist, dass Purvience (wie übrigens auch Witzigmann) lediglich seine Kochbuchrezepte für den Grill umgeschrieben hat.

 

Jamie Purviance
Weber’s Grillen
Gräfe und Unzer, 2012
Broschiert, 304 Seiten
ISBN 978-3833826375

19,99 Euro