Francis Mallmann hat ein Buch geschrieben und das ist wie er selbst: Bescheiden, elementar und ganz großartig.
Francis Mallmann ist der berühmteste Koch Lateinamerikas, dort auch ein Fernsehstar und einer der besten Barbecuemeister der Welt. Mallmann, der es mit 40 leid war, reichen Amerikanern extravagante französische Küche aufzutischen, war zu diesem Zeitpunkt nicht am Ende, sondern, obwohl er bereits 20 sehr erfolgreiche Jahre als Gastronom hinter sich hatte, für Könige, Staatsoberhaupte und Päpste gekocht hatte, am einem Anfang. Am Anfang einer neuen Betrachtungsweise, bei der es darum geht, auf handwerklich höchstem Niveau maximal zu reduzieren, nicht entweder moderne Haute cuisine oder traditionelle Hausmannskost, sondern eine Liaison des Besten aus beiden. Das war ein Schritt nach vorn, zurück zu den argentinischen Wurzeln.
Francis Mallmann, das dokumentiert dieses Buch auf jeder Seite, ist gereift wie es ein guter Wein mit den Jahren tut.
Zu dieser Reife gehört auch, dass Francis Mallmann nicht nur weiß, sondern auch den Mut besitzt, dem Leser zu sagen, dass ein Rezept kein Handbuch sondern lediglich eine Richtschnur ist. Der wesentlichste Bestandteil eines Gerichtes ist das handwerkliche Geschick, ist die Aufmerksamkeit und ist die Erfahrung des Kochs. Essen zubereiten ist ein wenig so wie die Gestaltung des Lebens: Man kann Hinweise befolgen, was man aber draus macht, hängt vor allem am eigenen Geschick. Ratgeber, die uns versprechen, dass alles gut wird, wenn wir nur peinlich genau alle Ratschläge des Autors befolgen, sind verlogene Scharlatanerie. Niemand wird so kochen wie ein Meisterkoch, nur weil er dessen Rezepte detailgetreu nacharbeitet.
Es kommt auf die Erfahrung und auf die sensible Aufmerksamkeit an und auf das Können, aus den Wahrnehmungen das richtige abzuleiten. Es geht darum, wahrzunehmen, dass die Aromen im Sommer und aus anderen Regionen stärker sind und sich diesem Umstand mit den übrigen Zutaten anzupassen. Es geht darum, dem Feuer anzuhören, wie heiß es ist, es geht darum, aus den kleinen Blubberbläschen am Fleischrand und aus den Verfärbungen am Rand des Brotes die richtigen Schlüsse für die Dauer des Verbleibens und die richtige Platzierung auf dem Rost zu ziehen.
All das kann man keinem Rezept entnehmen. Dazu braucht es Erfahrung und die kann man nur selbst durch eigenes Tun und Scheitern sammeln.
Von Mallmann erhält man keine populären Verkündungen für ein Leben in Echtzeit, keine Digital-Ratgeber tu-dies-dann-passiert-das. Leben ist immer echt und zum Anfassen. Und darum ist dieses Buch so viel wertvoller, als der massenhafte und stromlinienförmige Populärkram.
Es geht um eine reichhaltige Persönlichkeit und um Wissen jenseits des Könnens, das sind die letztlich entscheidenden Zutaten für Großartigkeit am Herd wir im Leben.
Dies ist nicht nur ein Kochbuch sondern auch ein Buch zum Nachdenken über das eigene Leben. Dafür herzlichen Dank!
„Beim Essen interessiert es mich nicht, wie sich die Menschen kleiden oder wie sie sprechen, wie sie aussehen oder gar riechen. Sobald sie eine einfache Qualität teilen, sind se in meinen Augen schön: Respekt vor der Mahlzeit, dem Augenblick – und Respekt vor denjenigen, die kochen, servieren und essen. Solche Menschen sind an meinem Tisch jederzeit willkommen.“
Francis Mallmann
Grillen Argentinisch
Heel, 2013
Gebunden, 277 Seiten
ISBN 978-3868526806
29,95 Euro
Dieses Buch ist unter dem Titel „Seven Fires – Grilling the Argentine Way“ auch auf Englisch im Handel.